Kate Moss, Björk, seine Mutter: Wen der Fotograf Mert Alas zu seinen Gin-Tasting-Partys einlädt - WELT (2024)

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Es klackert verheißungsvoll im Glas, als der leicht ölige „71“ Gin von Mert Alas über die Eiswürfel fließt. Soeben hat der Fotograf die Spirituose, die in einem minimalistischen Flakon untergebracht ist, in Berlin vorgestellt. Auf Stippvisite. Kurz darauf wird die neue Calvin Klein-Kampagne, die er mit dem Schauspieler Jeremy Allen White aus der Serie „The Bear“ in New York aufgenommen hat, viral gehen. Es sind die Welten, in denen der 52-Jährige sich bewegt und sie miteinander verbindet. Der gebürtige Türke, der seit 30 Jahren in London lebt und arbeitet, hat einen Freundeskreis wie ein People-Magazin. Mit ihnen feiert er gerne. Zusammen mit der Autorin trank er sich immerhin einen klitzekleinen Schwips an und geriet in Plauderlaune.

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Sie sind einer der berühmtesten Mode- und Celebrityfotografen der Welt. Nun haben Sie einen Gin namens 71 herausgebracht. Muss das sein?

Seit meiner Kindheit bin ich jemand, der ständig Dinge verbessern wollte. Es ist fast schon zwanghaft. Wenn zum Beispiel das Kleid oder die Frisur einer Freundin nicht perfekt aussah, änderte ich es. Als ein befreundeter Architekt mir seine Pläne für ein Haus zeigte, schlug ich ihm vor noch einen weiteren Balkon anzubauen. Gleichzeitig liebe ich das gute Leben und alles, was dazugehört: Gutes Essen, gute Getränke, gute Leute. Und ich bin ein großer Gin-Trinker, aber ich war mit dem Angebot nie so richtig zufrieden.

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Wie kann das sein? Allein in Deutschland gibt es Hunderte von Nischen-Destillerien.

In England sind es 3000. Dennoch, immer, wenn ich Gin trank, dachte ich: ‚zu viel Wacholder‘, oder zu ‚wenig Zitrusnote‘, oder ‚nicht trocken genug‘. Ich wollte einen Gin, den man straight trinkt und der geschmacklich runder ist. Ich interessiere mich für Parfumherstellung und so kam die Idee, jede einzelne Zutat wie Rosenblüten oder Wacholder, für sich zu destillieren. In der Massenproduktion werden die einzelnen Aromen wie ein Teebeutel eingehängt. Dann schlug der Master Distiller, der seit 45 Jahren im Business ist, vor, dass wir den Gin in alten Wein- und Sherry-Eichenfässern lagern. Deshalb erinnert 71 auch ein bisschen an Whisky, ist aber immer noch deutlich als Gin zu erkennen. Kurz: Wir haben einen Gin kreiert, den man pur trinken muss.

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Dann müssen Sie viel Geduld und Aufklärungswillen mitbringen, denn Leute behandeln Gin wenig liebevoll: Man kippt ihn irgendwo dazu, schüttet zuckrige Getränke darauf. Ich trinke ihn am liebsten als Gin Martini und werde deshalb schräg angeschaut, so als würde ich Schnaps trinken.

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Gin Martini ist mein Lieblingsdrink! Geschüttelt, nicht gerührt und es muss dadurch ein ganz bisschen verdünnt sein. Deshalb wollte ich einen Gin, der eine gewisse Süße hat. Aber ja, viele Leute verstehen es nicht, aber das ändert sich gerade. Bis vor einiger Zeit tranken Leute nur Wodka straight.

Um sich zu betrinken, nicht wegen des Geschmacks.

Ich meine mich zu erinnern (lacht). Aber die junge Generation trinkt viel weniger, aber dafür bessere Drinks. Sie wollen sich nicht betrinken, sondern genießen. Wir haben deshalb besondere Noten: Queen of the Night, eine Wüstenblume. Türkische Grapefruitschale. Gin ist normalerweise wie Omas frisch geputzter Garten mit Zitrone, ich wollte, dass es mehr sexy und elegant ist. Ein Drink für die Nacht.

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In der die eine Hälfte der Party sich betrinken will und die andere Hälfte, damit angeben möchte, sich diesen sehr teuren Gin leisten zu können.

Ich möchte, dass die Leute verstehen, dass ein Handwerk dahintersteht und nicht nur ein Typ mit hübschen Freunden. Aber ich bin auch ein geborener Entertainer und ich liebe es, Menschen zusammenzubringen: Musiker, Maler, Tänzer. Das war in den vergangenen Jahren etwas eingeschlafen. Nun veranstalte ich Ginproben bei mir zu Hause.

Tasting-Abende sind die neuen Partys?

Ja. (lacht)

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Wo begann ihre persönliche Partyhistorie?

In London in den 90ern, da waren wir alle zusammen in einem Club: Madonna in der einen Ecke, Björk, Alexander McQueen und Vivienne Westwood in der anderen und dann noch eine Handvoll Studenten drumherum. Alle Menschen, die gleich tickten und das alles ohne Telefone, Filter und Instagram.

Was verband Sie alle?

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Kultur, Kunst und sich selbst auszudrücken. Um herausragend zu sein, musste man anders sein als die anderen. Ich rede nicht von Geld oder Marken. Wir nähten unsere Kleidung selbst. Man musste eine Botschaft aus sich selbst heraus senden. Wir wollten etwas bewegen.

Ohne jetzt wie eine schlecht gelaunte alte Dame klingen zu wollen, aber heute ist das nicht mehr so modern. Alle sehen sich so seltsam ähnlich auf Ihren 71 Parties.

Ja, weil heute alle Leute alles sehen, sind sie schneller inspiriert. Moden ändern sich innerhalb von Tagen.

Gesichter dafür nicht mehr. Das Alter verschwindet aus ihnen, mit dem Ergebnis, dass trotzdem niemand jünger aussieht. Macht das ihre Arbeit als Fotograf eigentlich schwieriger?

In der Fotografie schaue ich immer nach mehr als nur Schönheit. Es muss eine Verbindung geben und ich muss mein Sujet, dessen Standpunkt und Leistung bewundern. So werden Imperfektionen zu Perfektion.

Bloß, es gibt kaum noch Imperfektionen.

Tja, stimmt. Wo sind sie hin? Wir leben in seltsamen Zeiten, in denen die Kids aussehen wollen wie die Celebrities und die Celebrities wie die Kids.

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Sie bewerben den Gin mit „grenzenlosem Hedonismus“. Klingt vielversprechend, wie geht der?

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Ich bin verliebt in den schicken Hedonismus der 70er- und 90er-Jahre, in Expressionismus, Hollywood. Ich habe alle diese Szenen in meinem Kopf, in denen ich auch mitspiele. Ich fantasiere regelrecht. Und bei 71 war es so, dass ich mir Oscar Wilde vorgestellt habe, umgeben von Bewunderern in einem wunderschönen Haus und er liest ihnen vor. Ich wollte es sehr kreativ, sehr nächtlich. Das ist für mich ein gutes Bild von Hedonismus.

Und dann enthält er noch die Queen-of-the-Night-Essenz. Viel Metaphorik.

Nicht wahr? Ich fand sie in Mexiko. Sie duftet wie Jasmin und blüht nur einmal im Jahr nachts, aber so intensiv, weil sie aus der Wüste kommt. Und in dieser sandigen Umgebung zieht sie die Insekten meilenweit an.

Wer ist für Sie die menschliche Königin der Nacht?

Nun, ich sage aus Spaß zu meinen Freunden manchmal, dass ich es bin. Aber gut, Kate Moss, auf jeden Fall. Sie ist eine sehr gute Freundin von mir.

Wer folgt auf die Königin der Nacht?

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Kate Moss Talentagentur

Die Models sehen aus wie sie oder ihre Ex-Freunde

Sie trinkt nicht mehr.

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Ja, das stimmt.

Also muss man nicht trinken, um Queen of the Night zu sein?

Ganz und gar nicht. Es braucht herausragenden Stil und Geschmack. Einen guten Sinn für Humor und ein Repertoire interessanter Geschichten.

Andy Warhol sagte: „One is company, two is a crowd, three is a party“. Welche drei würden Sie einladen und warum?

Nein! Unmöglich. Das wäre eine langweilige Party. Ich habe zu viele Freunde.

Na gut. Fünf.

So schwierig... na gut: Björk, weil sie so fantasievoll ist und weil sie sehr meinungsstark ist. Dann meine Lieblingsbarmänner. Ago Perrone, der Chefmixologist aus dem Connaught Hotel in London, Simone Caporale aus der Sips Bar in Barcelona. Wenn man Anerkennung von den ernsthaften Leuten im Geschäft bekommt, dann wird es aufregend. Edward Enninful, weil er so lustig und schlagfertig ist. Kate, natürlich: ihr Kleidungsstil, ihr Humor, ihre Lebensgeschichte, die Leute, die sie getroffen hat, unglaublich!

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Haben Sie nicht dieselben Leute getroffen?

Vielleicht, aber immer auf der anderen Seite der Kamera. Sie ist die Glamouröse! Ich habe lange zu ihr aufgeschaut.

Sonst noch jemand?

Meine Mutter. Sie trinkt Gin Fizz und Gin Tonic. Ich erinnere mich an die Zeit als ich Teenager war: Wenn sie einlud, stylte sie sich total auf und lud die tollsten Leute ein. Alles war perfekt: die Blumen, die Kleider, die Fingernägel, der Duft im Haus. Sie war die geborene Gastgeberin, konnte Leute beeindrucken und gleichzeitig eine tolle Party schmeißen. Heute ist sie 75 und kommt zu meinen Partys. Sie liebt es Geschichten zu erzählen und kennt sich mit Filmen und Büchern aus. Sie liebt Gesellschaften und sie liebt alle meine Freunde. So wie ich. Und zu dieser Party käme dann auch noch Robert Pattinson. Er ist so süß und hat echten Tiefgang.

Außerdem ist er Vampir.

Stimmt. Sehr praktisch. Für ein nächtliches Abenteuer braucht es mindestens einen Vampir.

Bestes Mittel gegen einen Kater?

Nicht wie verrückt zu trinken. Viel Wasser. Schlafen und Pasta. Die Soße ist egal.

Trinken sie manchmal noch viel?

Nein. Nicht mehr.

Wann waren Sie das letzte Mal betrunken?

Hmmm... vor zwei Tagen (lacht). Bei den British Fashion Awards, wo mein Freund Edward Enninful den „Trailblazer“-Preis gewonnen hat. Wir haben ihn gefeiert und getrunken. Nur tolle Leute!

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Name: Van Hayes

Birthday: 1994-06-07

Address: 2004 Kling Rapid, New Destiny, MT 64658-2367

Phone: +512425013758

Job: National Farming Director

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Introduction: My name is Van Hayes, I am a thankful, friendly, smiling, calm, powerful, fine, enthusiastic person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.